Wenn Geschichten singen und klingen….

Musik, Tanz und Gesang im Bilderbuch

Hilfebuch 3
Bild eines Kindes aus der Grundschule Völlen zur ermutigenden Kraft des Singens

Das gehört für mich zu den ganz besonders schönen Leseerlebnissen:  Man liest eine Bilderbuchgeschichte vor, und plötzlich möchte man singen und summen, mit Körper und Gesten tänzerische Bewegungen nachempfinden – und die Kinder sind sofort mit dabei!

Wie gut, dass das so ist! Denn der interaktive Einbezug von Kindern in das Erzählen von Geschichten mit musischen und spielerischen Elementen trägt maßgeblich dazu bei, die beim Vorlesen und Erzählen erhaltenen sprachlichen und literalen Anregungen zu vertiefen und im Alltag zu verankern. Oft scheint der positive Einfluss auf die Sprachentwicklung, der sich daraus ergibt, fast „nebenbei“ zu geschehen, durch unbewusste (nicht gesteuerte) Vorgänge in natürlicher Umgebung. Geschichtenstunden, die sich an der natürlichen Lebensumwelt der Kinder orientieren, können als eine solche Umgebung erfahrbar werden. Und je sinnlicher und interaktiver die Geschichte – mit Stimme und Musik, Gesten und Bewegung – dabei lebendig wird, desto nachhaltiger ist ihre Wirkung.

Aber wie und wo finde ich inspirierende Bilderbücher und Geschichten mit Musik und Tanz? Überall! Manchmal steht das Thema Musik und Singen ganz im Vordergrund. Manchmal offenbart sich der innewohnende Ton und die Bewegung der Geschichte erst auf den zweiten Blick. Daraus ergibt sich eine faszinierende Vielfalt. Nachfolgend eine kleine Auswahl dazu, die laufend mit Neuerscheinungen ergänzt wird:

Ein Singeland voller Abenteuer

 Ferdinand Auhser / Cecilie M. Lederer (Ill.): Bakabu und der Goldene Notenschlüssel (inkl. Hörbuch-CD, gelesen von Christian Tramitz) 9783950439106, Ferdinand Auhser Verlags GmbH, 2017

Einige kennen bereits die Material-Pakete „Hör zu, Bakabu 1 + 2“, jeweils mit CD und Liedern zur sprachlichen Frühförderung als Sammlung mit Umsetzungsideen für die pädagogische Praxis (in Schleswig-Holstein in allen Medienkisten zum Projekt „Mit Worten wachsen“ enthalten). Nun können kleine und große Fans des blauen Ohrwurms bei der dazu neu erschienenen Bilderbuchgeschichte mit Hörbuch ein spannend erzähltes Abenteuer zum Lauschen und Lesen erleben. Dabei ist die Geschichte auch unabhängig vom pädagogischen Material sehr gut einsetzbar, richtet sich mit einem relativ langen Text,  der aber auch gut in mehreren Abschnitten gehört und gelesen werden kann, eher an Kinder ab Vorschulalter und bindet das Thema Musik mit zahlreichen Klangfacetten geschickt mit in die Handlung ein: Es geht darum, dass dem Ohrwurm Bakabu kurz vor dem großen Singefest der goldene Notenschlüssel abhanden kommt. Dieser aber ist für die Eröffnung des Festes ganz wichtig – und somit auch für das Lied, das für ihn dort erklingen soll. Also muss er sich ins gefährliche Meer wagen und den Schlüssel von der Donnerinsel zurück holen, wo der Sturm ihn hingetragen hat. Das gute Ende klingt aus mit einem noch besseren Lied: dem Baka-Boogie – und der erweist sich bestimmt auch bei den Zuhörenden als wahrer Ohrwurm! Das Hörbuch zum Text mit farbenfrohen Illustrationen glänzt durch die sehr gelungene Lesung des Schauspielers Christian Tramitz, der sich mit seiner wandlungsfähigen Stimme sehr gut in die verschiedenen Rollen einzufühlen weiß. Die musikalische Inszenierung dazu wirkt nie überladen und unterstreicht das feine Miteinander von Sprache und Musik. Ein Bilderbuch mit Hörbuch, das auch Kinder mit wenig Musikerfahrung neugierig machen kann auf die Wunderwelt der Töne. Sehr empfohlen!

Singen lässt Nähe und Wärme entstehen

 

c Sauerländer Verlag
c Sauerländer Verlag

Ulf Stark  / Linda Bondestam: Graugrau und Fünkchen.  Sauerländer Verl. 2016 ISBN: 978-3-7373-5361-8

Graugrau ist grau wie der Berg, in dem sie ganz allein lebt. Sonnenlicht bedroht ihr Leben. Also schläft sie am Tage und geht erst ins Freie, wenn der Mond am Himmel steht. Oft stellt sie sich vor, wie schön es wäre “etwas Kleines zu haben” gegen die Einsamkeit. Da verirrt sich eines Tages ein Fünkchen der  Sonne in ihre Grotte und zum ersten Mal hört Graugrau von der Vielfalt der Farben und des Lebens auf der Erde. Ganz warme Gefühle werden in Graugrau plötzlich wach. Und auch sie weiß was zu erzählen:  vom Mond  und von der Sehnsucht, ihn irgendwann am Himmel zu erreichen.

Zitat: “Und dann singt sie (Graugrau) so schön sie nur kann: Grrrrrr, grrrr / Bald werden die Rrrrr rund wie Tropfen, ganz weich werden sie und strömend, wie Regen auf Gras, wie Träumelein grrrr, grrrr (…) „Es ist spät“, keucht das Fünkchen. „Bei deinem Gesang hab ich die Zeit vergessen. Ich muss zur Sonne zurück, bevor es dunkel wird. Das müssen alle Funken.“

Fünkchen verschwindet. Aber es bleiben Wärme und Farben –  oder was sieht da aus wie ein Ei? Eine berührende Geschichte von Freundschaft und Sehnsucht – und auch von der warmen, weichen Kraft des Gesangs!

Lieder und Träume sind gute Begleiter auf gemeinsamen Wegen

 

c Atlantis
c Atlantis

Nadine Brun-Cosme / Olivier Tallec: Mir nach! Gerstenberg Verl., 2016 ISBN 978-3-8369-5881-3

Ein seltsames Trio zieht durch die Welt: Der riesige Leon vorneweg,  hinter ihm Max und Henri, der Kleinste, ganz am Schluss. Zwar sehen die beiden Kleineren hinter dem breiten  Rücken von Leon nichts, aber das geht trotzdem lange gut: Leon  schützt sie vor Gefahren, Max denkt sich Geschichten aus und Henri träumt sorglos vor sich hin, während er zuhört, was Max erzählt – bis sie irgendwann probieren, ob es auch anders gehen könnte…Am Ende hat jeder seinen Platz gefunden – Hand in Hand und nebeneinander!

Zitat: „Er hörte, wie Max begann, die wunderschöne Geschichte von einem völlig durchnässten Ritter und einem davongeflogenen Luftballon zu erzählen. Da fühlte Henri sich wieder gut. So gut, dass er zum ersten Mal zu singen begann…Nun gingen sie alle drei vorne: Leon warnte vor den Gefahren und rief, wenn sie stehen bleiben sollten. Max dachte sich zu allem, was er sah, Geschichten aus. Und Henri, der in der Mitte lief, träumte und sang…“

Welches Lied? Am besten einfach die Kinder fragen, welches sie am liebsten singen mögen, wenn es ihnen so gut geht wie Henri!

Mit Musik lassen sich Freude und Erinnerungen teilen

 

c Atlantis
c Atlantis

Raphaël Baud / Aurélie Neyret: Herr Nashorn macht Urlaub. Atlantis, 2016 ISBN 978-3-7152-0704-9

Herr Nashorn packt seinen Koffer. Auch Zootiere müssen mal Urlaub machen.  Erst steigt er ins Flugzeug, dann geht es mit dem Bus weiter – und am Ende hat er sein heiß ersehntes Ziel in Afrika erreicht.  Er erholt sich im Schatten eines Baumes, badet in einem Seerosenteich und genießt den weiten  Sternenhimmel am Lagerfeuer. Nach 2 Wochen wird es Zeit, sich auf den Heimweg zu machen. Aber was soll er seinen Freunden von der Reise mitbringen?  Da entdeckt er auf dem Markt ein kleines  Xylophon. Zurück im Zoo veranstalten die Tiere bei seiner Ankunft ein großes Fest mit viel Musik – und das Xylophon mischt sich mit seinen Tönen aus dem fernen Afrika gleich mit ein!

Ein Liedvorschlag zur Geschichte:

Afrikanisches Lied

Quelle: Brandt, Susanne: Geheimnisvoll & zauberhaft. Geschichten und Gedichte zur Sprachförderung, München 2005

 

 

Schon in der Sprache wohnt viel Gesang

 

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c Matthes & Seitz

Esther Kinsky / Falk Nordmann: OpOs Reise. Matthes & Seitz, 2016 ISBN 978-3-9575-7238-7

Der preisgekrönten Autorin gelingt es mit dieser Geschichte Poesie, Klang und Sachwissen ausbalanciert miteinander zu verbinden. Dabei trägt ihr lebendiges Erzählen von den Walkindern, die vom alten, weisen Einzelgänger OpO viel lernen und ihn schließlich auf seine letzte Reise begleiten, durchaus menschliche Züge.  Mit fantasievoller Fabulierlust vermittelt sie die Beobachtungen einer englischen Fischerin feinsinnig, spannungsreich und zugleich dicht am naturkundlichen Wissen über Wale orientiert. Eine Besonderheit ist dabei der Klang ihrer Sprache, der beim Lesen eine Vorstellung vom Walgesang entfaltet. So geht von dem mit atmosphärisch dichten Meeresbildern illustrierten Buch künstlerisch, sprachlich wie inhaltlich eine große Faszination aus.

 Tanz ist die Sprache des Glücks

 

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c Hammer Verlag

Hanna Jansen / Britta Gotha: Linus im Glück. Peter Hammer Verl., 2016 ISBN 978-3-7795-0559-4

Linus, der große zottelige Bär, macht vieles anders als die  anderen in der Stadt – vielleicht, weil er einfach glücklicher ist als alle anderen. Wird er danach gefragt, dann lässt  er sich Zeit mit der Antwort. Überhaupt: Er denkt viel nach,  macht nicht gleich alles mit und wird als Sonderling schließlich in die Einsamkeit verjagt. Eines Tages kommen reisende  Bären mit bunten Wagen an seiner Höhle vorbei. Auch sie finden ihn sonderbar – aber auch interessant. Bald zeigt sich, dass der große Zottelbär einiges besonders gut kann: gut zuhören, gut nachdenken, gut tanzen – und das alles zusammen wird der Anfang für eine wunderbare Freundschaft!

Zitat: „Wie du tanzt!“, riefen die reisenden Bären begeistert. „Woher kannst du das nur?“ Linus wirbelte ein paar Mal um sich selbst. „Ich habe es noch nicht begriffen!“, summte er, begleitet von Vogelgesang. Und tanzte winkend davon. (…)“

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c Ars Edition

Iris Wewer: Die drei wilden Räuber Piff, Paff, Puff. Ars Edition, 2016 ISBN 978-3-8458-1104-8

Piff, Paff und Puff haben Hunger auf Pfannkuchen. Und weil sie sich für wilde Räuber halten, steht vor dem Backen das Eier klauen auf dem Plan. Aber leichter gedacht als gelungen: Oma Käthe kann die Diebe nicht so richtig ernst nehmen und der Hund verhilft ihnen immerhin zu einer spannenden Verfolgungsjagd. Bleibt am Ende noch das Räuberspiel – und dann ist endlich Zeit für Pfannkuchen!

Die preisgekrönte Autorin und Illustratorin erzählt ihre Geschichte mit viel Situationskomik. Mit einem Hauch Selbstironie lassen sich die erfolglosen Räuber nicht unterkriegen und erreichen eher spielerisch als kampfbereit ihr Ziel. Die Bilder mit deutlichen Konturen und leuchtenden Farben unterstreichen durch Mimik und Körperhaltung die beschriebenen Szenen und werden viele Kinder ansprechen. Eine originelle Geschichte mit Witz und Pfiff!

Ein Liedvorschlag zur Geschichte: Wenn die Räuber Feste feiern

 

Zum Weitersingen: Noch mehr klingende Geschichten (Auswahl)

Das neue Bilderbuch (Herbst 2017) von dem “Grüffelo”-Autoren-Team Scheffler/Donaldson heißt “Die hässlichen Fünf” – und darin spielt das gemeinsame Singen eines Liedes eine wichtige Rolle, das sich mit kleinen Variationen durch die Geschichte zieht. Wer die Verse beim Vorlesen gleich singend zum Klingen bringen und die Kinder unkompliziert zum Mitsingen einladen möchte: als einprägsames Melodie-Modell lässt sich dabei die Volksmelodie von “Es war eine Mutter, die hatte vier Kinder” mit dem Text “zurecht singen” und an die jeweiligen Textvarianten leicht anpassen. Einfach mal ausprobieren!

Buchcover

http://www.georg-bydlinski.at/buecher/wirrwusel-orchester.html

“Tanzen können auch die Steine”

Dazu passt folgendes Bewegungslied: Liedblatt Tanzen können auch die Steine

Hörprobe zum Bewegungslied:

 

Ein Lied von Freiheit und Glück – das Bilderbuch “Ellington”

Einfach zum Mitsingen: Elmar und der Ohrwurm

c Verlag Seemann

http://waldworte.eu/2017/01/09/bilderbuch-tipp-lied-fuer-louise/

441620http://waldworte.eu/2017/01/13/bilderbuch-tipp-nachtmusik-und-sprachklang-aus-der-insektenwelt/

 

u1_978-3-7373-5439-4.51441949http://www.fischerverlage.de/buch/kleiner_blauer_pinguin/9783737354394

 

Erzählen mit Musikhttp://waldworte.eu/2016/02/27/zeit-fuer-ein-liedchen-und-andere-ideen-fuer-kamishibai-mit-musik/

 

http://waldworte.eu/2014/09/20/nicht-nur-zum-weltkindertag-die-fabelhaften-welten-von-oliver-frieda/

 

Eisdrache 1http://waldworte.eu/2013/12/08/sing-ein-lied-in-den-wind-oder-was-klingt-im-marchen-vom-eisdrachen/

 

Kamishibai Franziskushttp://waldworte.eu/2015/07/29/wasser-waerme-und-wiegenlied-kamishibai-und-mini-bilderbuch-zu-franz-von-assisi/

 

Ukulelehttp://waldworte.eu/category/erzaehlen-singen-mit-ukulele/

Susanne Brandt

Susanne.brandt

Bedenkt und entdeckt das Leben in Lübeck oder unterwegs - am liebsten zu Fuß und in der Begegnung mit anderen. Lernt, schreibt, singt, erzählt, teilt und lässt sich jeden Tag vom Möglichen überraschen. Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Brandt