Von Nature Journaling zum Spoken Word Programm: Wilde Gewächse & Seltene Gäste

Nature Journaling, Freiluftpoesie, Spoken Word – ein Gespräch mit der Natur wie mit den Menschen über die Verbindung zur Natur entwickelt sich in einem Prozess der wechselseitigen Inspiration: Zeichnen, schreiben, erzählen, singen erweisen sich dabei als frei zu gestaltende Ausdrucksformen, die diesen Prozess begleiten und vertiefen können. Vielleicht so…

Ein Tag Anfang April: Noch grünt und blüht es im Gebüsch am Bach nur zaghaft. Aber Verwandlung und Bewegung geschieht immer und überall – so z.B. unter den Schwarzpappel am Ufer des Fackenburger Landgrabens: Hier lassen sich die männlichen Kätzchen gleich nach der Blüte – noch vor dem Blattaustrieb – fallen. Manche bleiben dann, etwas klebrig, im jungen Geäst hängen und springen dort als bizarre Gebilde in der Schwebe ins Auge. Wer das entdeckt, möchte begreifen, was hier geschieht – und zeichnen.

Nature Journaling meint: genau hinschauen und Fragen stellen.

Und Freiluftpoesie nimmt die so entdeckten „Geschichten“ auf, um sie auf unterschiedliche Weise in Worte zu fassen: als Haiku im Vorübergehen oder als kleine poetische Geschichte, die als Spoken-Word-Poesie auch anderen Menschen vermittelt werden könnte, um miteinander ins Gespräch zu kommen:

Die Zweige sind Reck oder Stufenbarren, 
da turnen die männlichen Schwarzpappel-Kätzchen 
am sumpfigen Ufer des Baches herum –
im Bienengesumm.

Sie lassen sich gleich nach der Blüte fallen,
doch – schau – ganz zu Boden stürzen sie nicht.
Sie bleiben als zierliches Leichtgewicht
mit Knospenhütchen im Astgestrüpp kleben.

„Wie schön ist das Leben“,
so flüstern sie sich noch ein Weilchen zu.

Drum lausche auch du!

 

Susanne Brandt

 

Spoken Word meint…

…eine lebendige Vortragskunst von leicht zugänglicher Poesie und Kurzprosa (mit oder ohne Textblatt-Unterstützung), die nicht – wie Slam Poetry – mit einem Vortrags-Wettbewerb verbunden ist, sondern frei bleibt in der Form der Darbietung (mit und ohne Musik).

Einige Kennzeichen für den Charakter der Texte – knapp zusammengefasst (es gibt viele Spielarten!):

  • konkretes Thema (gern engagiert, gesellschaftlich, beschreibend – wie hier z.B. zu Naturphänomenen)
  • Methaphern, Anschaulichkeit und Wortspiele, die sich schon beim ersten Hören erschließen
  • nicht länger als max. 2-3 Minuten
  • geprägt von einem  lebendigen Rhythmus, Reim, Wiederholungen, die dem Text seine „Melodie“, Kraft und Dynamik geben

Nature Journaling, Freiluftpoesie & Spoken Word – das ist ein spannendes „Trio“, um vom Gespräch mit der Natur in ein Gespräch mit den Menschen zu gelangen:

  • Nature Journaling = ins Gespräch kommen mit der Natur durch eine stille Annäherung an Phänomene und Geschichten, die sich durch Fragen daraus ergeben
  • Freiluftpoesie = kleine poetische Miniaturen, wie sie sich aus dem Prozess des Zeichnens als Idee und Impression ergeben
  • Spoken Word = weitere Ausformung einer poetischen Idee als Vortragskunst, um so wiederum zu Entdeckungen in der Natur mit kleinen Impulsen ins Gespräch mit den Menschen zu kommen, z.B. durch die Gestaltung eines Dialog-Programms mit kleinen Spoken-Word-Impulsen zu Naturbeobachtungen (ggf. ergänzt mit Musik)

Ein Beispiel: Programmbeschreibung Wilde Gewächse

Auch interessant zum Thema:

Zum Welttag der Poesie: Vom Blühen in den Zwischenräumen

 

Susanne.brandt

Bedenkt und entdeckt das Leben in Lübeck oder unterwegs - am liebsten zu Fuß und in der Begegnung mit anderen. Lernt, schreibt, singt, erzählt, teilt und lässt sich jeden Tag vom Möglichen überraschen. Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Brandt