Geschichten, die an Bäumen wachsen – entdeckt, erwürfelt, gesungen

Mitmachgeschichten – das heißt: Geschichten im Dialog mit anderen Menschen und der Welt um uns herum kreativ entstehen lassen, gestalten und weiterdenken, mit neuen Ideen verbinden und variieren. Das Ende eines Workshops zum Thema wird damit zum Anfang der eigentlichen Entfaltung von Erzählweisen, wie sie zur jeweiligen Begegnung und Zielsetzung passen.

Drei aktuelle Beispiele: 

1. Geschichte zu einer besonderen Begebenheit in der Natur mit Elementen zum Miterzählen entwickeln

  • eine Wegrandentdeckung als Ideengeberin: Kirsche, die vom Baum gefallen und mit ihrem Stiel in einer Eiche hängengeblieben ist, als wäre sie dort gewachsen
  • Methode: 5-Finger-Geschichte zur Gestaltung des Handlungsverlaufs
  • Miterzähl-Möglichkeit für Kinder zur fantasievollen Entfaltung: Was könnte da passiert sein?  Wie geht es weiter?
  • Vorüberlegung/Herausforderung: Wie erzähle ich /lasse ich Tiere/Pflanzen lebendig erzählen, die nicht die Sprache der Menschen sprechen? Hier gilt es, zwischen dem Wunsch nach  emotionaler Verbundenheit und Respekt vor dem Anderssein von Tieren/Pflanzen einen stimmigen Weg zu finden

Skizze als Beispiel zu weiteren Entfaltung:

Wenn Anna Amsel aufgeregt ist, verändert sich ihre Stimme. Mal wird sie plötzlich ganz laut. Oder ganz leise. Vielleicht kennt ihr den Ruf der Amsel an anderen Tagen, diesen wunderbaren Gesang im Abendlicht. Aber wie soll man singen, wenn es einem glatt die Vogelsprache verschlägt? Und alles das wegen einer einzigen Kirsche!

Nein, nicht wegen einer normalen Kirsche am Kirschbaum. Das wäre ja nichts Besonderes. Das Besondere hier ist etwas anderes: Die Kirsche hängt in einer Eiche. Wo gibt‘s denn sowas? Die Früchte der Eiche heißen Eicheln. Die treten eher im Herbst in Erscheinung. Und rot sind sie auch nicht. Das weiß jedes Vogelkind. 

Am liebsten hätte Anna Amsel die Kirsche gleich verputzt. Aber dann ließe sich vielleicht nicht  mehr erforschen, was es mit der Kirsche in der Eiche auf sich hat. Das wäre also keine so gute Idee. Denn Anna Amsel will´s wissen – wie die Kirsche in den Eichenbaum gekommen ist.

Dafür flattert sie nun dreimal um die Kirsche herum, schaut von oben, schaut von unten und hat einen ersten Verdacht – als plötzlich ein heftiger Regenschauer auf die Eiche mit der Kirsche  hinabprasselt. Ihr wisst schon – einer von diesen rauschenden Duschen, die meistens von einem kurzen und mächtigen Sturm begleitet werden. 

Rasch sucht sich Anna Amsel einen geschützten Platz unter dem Baum, bis das Unwetter vorbei ist. Und als sie wieder nach oben schaut, sieht sie es: Die Kirsche ist verschwunden – weggeweht, von anderen Vögeln aufgefressen, mit dem Regen in den Bach gespült – wer weiß?

Aber du – du hast vielleicht eine Idee, was da passiert sein könnte. Du hast den Baum vielleicht vorher schon im Blick gehabt und kannst allen, die es wissen wollen, erklären, wie die Kirsche in die Eiche gekommen – und wie sie von dort nun wieder verschwunden ist.

Erzähl’s uns! 

Und du und du und du – ihr wisst vielleicht, wie‘s morgen und übermorgen weitergeht mit der Kirsche?
Denn auch wenn die Kirsche vielleicht gefressen wurde, etwas bleibt von ihr und verwandelt sich – bis heute….

2. Erzählen mit dem Geschichtenwürfel

Mit Motiven, die vom Bleiben und Aufbrechen, von Wärme, Wasser und Wachstum erzählen, lassen sich die Ideen zum Weitererzählen zusätzlich anregen – beim Spiel mit dem Geschichtenwürfel (s. Beitragsfoto).

3. Erzählen mit einem Lied: Überall ist Leben

Das schwungvolle Lied „Überall ist Leben“ bietet Gelegenheit für zahlreiche Varianten zum Singen und Erzählen: Wo gibt es überall Leben? 

Was nehmen wir von der Vielfalt des Lebens wahr, wenn wir schauen und hören?

(Beispiel für singbare Textvariante; „Überall ist Leben – schau mal, wie die Mücke tanzt – überall ist Leben – hier und überall“)

Link zum Lied: https://waldworte.eu/2024/04/04/komm-und-schau-dich-um-lieder-zum-tag-der-erde/

Susanne Brandt

Susanne.brandt

Bedenkt und entdeckt das Leben in Lübeck oder unterwegs - am liebsten zu Fuß und in der Begegnung mit anderen. Lernt, schreibt, singt, erzählt, teilt und lässt sich jeden Tag vom Möglichen überraschen. Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Brandt