Nature Journaling regt dazu an, auch das Vertraute ganz neu zu sehen und Zusammenhänge herzustellen. Man „malt nicht einfach ab“, sondern man schaut erstmal, versucht Strukturen zu erkennen und diese dann beim Zeichenen nachzuempfinden. Am vergangenen Wochenende zum Beispiel: Da habe ich mir zum Journaln mal die Eichen vorgenommen, genauer gesagt: die Früchte der Eichen und das, was draus wächst.
Erste Entdeckung: Im Zuge des Reifungsprozesses ergeben sich wunderbare Farbübergänge bei den Eicheln am Baum, von der hellgrünen Spitze über gelbe „Flammen“ hin zum gewohnten Braun, das sich zuerst unter dem Fruchtbecher ausprägt.
Zweite Entdeckung: ein wild ausgesäter, schon deutlich herangewachsener und bereits fest verwurzelter Eichentrieb mitten im Blumenbeet vor unserem Haus.
Ich weiß, dass Eichenfrüchte gar nicht so einfach zum Keimen gebracht werden können. Sie verharren zunächst in einer Keimruhe und es müssen einige Faktoren zusammenkommen, eh der „Aufbruch“ geschieht. Meine bisherigen Versuche, Kerne und Nüsse bewusst und „nach Anleitung“ im Topf zum Keimen zu bringen, sind mehrheitlich gescheitert. Hier nun aber, wo ich gar nichts dafür getan habe, scheint alles zu passen: Der Keimling hat bereits kräftige Wurzeln und deutliches Eichenlaub ausgebildet und wächst und wächst…auch wenn so nah am Haus kein guter Platz ist für eine große Eiche.
Und wie gerufen: Kürzlich hockte genau dort auf dem Weg neben der frisch gewachsenen Eiche ein Eichhörnchen, als wollte es nachschauen, was aus seinen dort vergrabenenen Schätzen geworden ist…
So fügt sich für mich nun alles zusammen: Das wunderbare Farbenspiel beim Reifen der Frucht, das Eichhörnchen beim Sammeln und Vergraben seiner Schätze, die Keimruhe, die erst durch Wärme, Wasser und Sauberstoff ein Ende findet und den Aufbruch zum Wachsen wagt. Und als hätte er mir zugerufen: „Hier bin ich“, so stehe ich nun staunend vor dem jungen Baum, mache mir die lange Geschichte bewusst, die diesem „Hier bin ich“ vorausgegangen ist und bin erstmal ratlos, was ich mit dem Trieb nun machen soll: Weiter wachsen lassen? Ausgraben und an einen passenderen Ort umpflanzen? Ich denke nach – und halte fest…
Eichhörnchenschätze
so viel Kraft aus der Ruhe
für ein „Hier bin ich“.
Susanne Brandt