Ins Gespräch kommen mit der Natur – wenn ich mit wenigen Worten veranschaulichen soll, warum ich tue, was ich tue (nämlich Erfahrungen sammeln und teilen mit Nature Journaling, Wildwuchsgeschichten, Freiluftpoesie und „kleinen Wundern mit Worten“), dann trägt diese Formulierung dazu bei, das Prozesshafte und Wechselseitige, die Resonanz, das Inspirierende und Schöpferische zu betonen und eben nicht die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Technik, ein Produkt, ein eindeutiges Richtig oder Falsch zu lenken.
Die Wege, ins Gespräch zu kommen, können ja sehr verschieden sein und lassen sich nicht vorgeben und „trainieren“, sondern nur durch eigenes Erproben, Verwerfen und Weiterentwickeln im jeweiligen Moment entdecken.
Das ist eine Chance – und zugleich gar nicht so einfach zu verinnerlichen und umzusetzen, weil wir es gewohnt sind, mit anderen Erwartungen bestimmte Maßstäbe anzulegen. Ich merke manchmal – z.B. bei Nature-Journaling-Workshops – wie schnell sich die Frage in den Vordergrund drängt, was dabei „erlaubt“ ist, was eingeübt werden muss und wie sich das am Ende am Ergebnis vergleichen und diskutieren lässt. Auch bei Wildwuchsgeschichten und „kleinen Wundern in Worten“ kommt diese Diskussion immer wieder auf. Gut so!
Es ist ja nicht generell falsch, die Frage nach Techniken und Ergebnissen zu stellen. Aber manchmal laufen wir dabei Gefahr, von dem Eigentlichen wegzukommen: Was nehme ich beim Schauen und Hören, gerade durch das Unverhoffte, Ungeplante und Überraschende von der Mitwelt wahr? Welche Bilder, Worte, Zeichen, welche Haltung und Bewegung im Freien helfen mir bei dieser Wahrnehmung? Und welche Gedanken und Ideen mischen sich in das Gespräch mit der Natur ein?
Es geht also nicht darum, zu zeichnen, zu schreiben, zu erzählen oder zu fotografieren, um etwas Bestimmtes zu erreichen, sondern es geht um das immer wieder überraschende Erlebnis der wechselseitigen und staunenden Kommunikation mit der Natur, das beim Zeichnen, Schreiben, Erzählen, Fotografieren – von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich – eine besondere Entfaltung und Intensivierung erfahren kann. Oder vielleicht auch einfach durchs Dasein und Nichtstun geschieht. Ob und wie bei wem und wann – das lässt sich nur durch individuelles Anfangen und Ausprobieren herausfinden.
Bleibt also die Frage: Wie soll man sich ein solches Gespräch mit der Natur vorstellen und was verändert sich dabei?
Zunächst einmal geht es um die Erfahrung von Resonanzbeziehung mit einer Natur, die elementare Lebenszusammenhänge offenbart und uns nicht als Objekt gegenüber steht. Unverfügbares ist immer mit im Spiel und kann durch Bilder, Zahlen oder Worte bewusst, aber nicht vollständig erfasst werden. Gut, dass manche Fragen offen bleiben und nicht alles messbar ist.
Wenn Hartmut Rosa in einem erweiterten Sinn von „Anverwandlung der Welt“ spricht, versteht er die Inspiration durch eine solche Begegnung bzw. Beziehung als Grundlage für kreative und schöpferische Prozesse. Eben darauf kommt es an.
Unser Wahrnehmung und Ausdruckskraft in Wort und Bild bleibt also immer Annäherung – mit aller Demut und allem Respekt vor dem, was uns die Natur wiederum in ihrer „wildwüchsigen“ Sprache an Schönheit und Gefährdung mitteilt und als Anregung mit auf den Weg gibt.
Darauf können wir reagieren – nicht immer gleich mit einer Lösung, sondern vielmehr durch ein aufmerksames Einfühlen, Mitgehen und im Blick behalten. Und mit der Hoffnung, aus dieser Haltung heraus eine gute Balance zu finden zwischen dem Sein lassen und dem Mut fassen für eine inspirierende Verständigung und gemeinsame Weiterentwicklung in dieser Welt.
Zum Weiterlesen:
https://www.fotonomaden.com/natur/nature-journaling/
https://www.zukunftsinstitut.de/zukunftsthemen/resonanz-der-schluessel-zur-welt
https://www.mkdw.de/de/im-gespraech-mit-der-natur
https://www.wohlfuehlwege.at/aktivitaeten/im-gespraech-mit-der-natur.html
Zum Weiterdenken: Lebensbegleitendes Lernen im Dialog mit der Natur