Vortrag: Mit Worten die Welt entdecken

Zum 4. Fortbildungstag der Lesepatinnen und Lesepaten, veranstaltet vom Förderverein der Stadtbibliothek Flensburg am 19. Januar 2023 in der Akademie Sankelmark

„[…] Viele Literaturwissenschaftler wie Naturwissenschaftlerinnen sind sich darin einig, dass das Denken und Lesen in Geschichten – gerade auch in ihrer poetischen und fiktiven Form – einen besonderen Einfluss auf das Verstehen von den Zusammenhängen in der Welt und den Anforderungen für die Zukunft nimmt.

So meint der Literat Alberto Manguel:

„Wenn man es aus dem biologischen Blickwinkel unserer Sinne her betrachtet, empfängt unser Geist von der Welt nur bruchstückhafte Informationen. Hätten wir nur diese Fragmente – ein Geruch, eine Farbe, eine Form, ein Klang –, ergäbe das Universum für uns keinen Sinn. Erst, wenn ich meine Vorstellungskraft einsetze, um eine Erzählung zu konstruieren, kann ich mit der Welt in einen Austausch treten“.

Und die Neurowissenschaftlerin Maren Urner kommt aus einer ganz anderen Perspektive zu einer ähnlichen wie auch ergänzenden Erkenntnis: „Die wahrscheinlich wichtigste Zutat, die Geschichten mit sich bringen, sind Emotionen. Das, was uns eben vor allem reizt, und warum wir Dinge besser abspeichern können, sind Emotionen, also deshalb funktionieren auch die reinen Fakten, wenn wir versuchen, die irgendwie weiterzugeben, niemals so gut, als wenn wir eine Geschichte drumherum erzählen.“

Als Poetin erlebt Chandra Livia Candiani davon etwas in der Begegnung mit Kindern und erzählt: „Ich sage den Kindern oft, dass die Poesie nicht das Sagen von poetischen Dingen bedeutet, sondern dass sie uns zu überraschen vermag mit dem, was wir nicht wussten, dass wir es wissen, dass wir es denken, dass wir es fühlen.“ 

Es liegt also – aus der Perspektive der Pädagoinnen und Pädagogen, Lesepatinnen und Lesepaten –  nahe, gerade bei dem, was wir als „Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)“ bezeichnen, bewusst auch künstlerische und ästhetische Elemente mitspielen zu lassen, Oder – um es mit Gianni Rodari zu sagen – „alle Gebrauchsmöglichkeiten des Wortes allen zugänglich zu machen“ und darin einen „guten demokratischen Klang“ zu hören, „nicht, damit alle Künstler werden, sondern damit niemand Sklave sei“ – wie Rodari es formuliert.

Für ihn wie für mich heißt das zugleich: Es kommt darauf an, dass die Kinder die Gebrauchsmöglichkeiten des Wortes – auch beim Lesen – als etwas Befreiendes, geradzu Revolutionäres erleben. Auch, weil es damit möglich wird, sich Bilder und Vorstellungen eines guten Lebens in Zukunft auszumalen und das eigene Mitwirken daran zu entdecken. Nichts anderes macht den Kern von Nachhaltigkeit aus.[…]“

Das gesamte Vortragsmanuskript gibt es hier: Aktuell Beitrag Mit Worten die Welt entdecken

 

Susanne.brandt

Bedenkt und entdeckt das Leben in Lübeck oder unterwegs - am liebsten zu Fuß und in der Begegnung mit anderen. Lernt, schreibt, singt, erzählt, teilt und lässt sich jeden Tag vom Möglichen überraschen. Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Brandt