„Unter der Haut“ – fünf Entdeckungen zu Weihnachten – Folge 2

„Unter der Haut“ – fünf Entdeckungen zu Weihnachten, inspiriert von Figuren des Bildhauers Johannes Caspersen. So der Titel einer kleinen Serie von Beiträgen, die mit dem 24. Dezember 2020 anlässlich der neuen Krippe in der St. Petri-Kirche zu Flensburg ihren Anfang nimmt und Tag für Tag fortgesetzt wird.

 

Folge 2: Hoffnung wagen – Maria

 

Ihre Körperhaltung wirkt tänzerisch: eine geschwungene Silhouette, aufgerichtet, auf Augenhöhe mit dem Mann, der ihr da – mit einem gewissen Abstand – gegenüber steht.

Dazwischen das Kind.

In ihrem Gesicht: ein inniger Ernst – ein Lauschen, ein Summen.

Wie ein gestaltgewordener Gesang wirkt ihre Haltung auf mich, wie jenes Lied, das sie schon seit Wochen inwendig und auswendig zum Klingen bringt:

Sing, meine Seele, sing – Gott schaut mich an!

Staunend erkenne ich, was Gott getan.

Seine Barmherzigkeit ist mächtig und weit,

sie richtet die Niedrigen auf und befreit.

 

Unter ihrer Haut: dieses tiefe Empfinden, so gesehen zu werden – mit ihrer ganzen Würde.

Auf ihrer Haut: spürbare Berührung. Gesten der Hände wie eine sinnliche Vergewisserung – eine Hand auf das eigene Herz gelegt, die andere den Menschen zugewandt, dem Kind, dem Mann.

Die äußeren Bedingungen für das gerade begonnene Familienleben darf man sich – so die Geschichte – wohl nicht gerade romantisch vorstellen. Sie aber beugt sich nicht den kargen Umständen. Sie richtet sich in ihnen auf, ohne zu erstarren. Haltung ohne Härte.

 

“Sing, meine Seele, sing”

 

Ist es die Hoffnung, die ihr eine so aufrechte Haltung und Beweglichkeit in der Enge schenkt? Oder gewinnt sie aus der aufrechten Haltung überhaupt erst die Kraft, eine solche Hoffnung zu wagen?

Wer oder was war zuerst da? Lässt sich das überhaupt sagen?

Ihre Antwort – ein Lobgesang:

Sing, meine Seele, sing – Gott schaut mich an!

Staunend erkenne ich, was Gott getan.

Seine Barmherzigkeit ist mächtig und weit,

sie richtet die Niedrigen auf und befreit.

 

Susanne Brandt

 

Zur Einführung in diese Reihe:

https://waldworte.eu/2020/12/23/unter-der-haut-fuenf-entdeckungen-zu-weihnachten-folge-1/

Susanne.brandt

Bedenkt und entdeckt das Leben in Flensburg oder unterwegs - am liebsten zu Fuß und in der Begegnung mit anderen. Lernt, schreibt, singt, erzählt, teilt und lässt sich jeden Tag vom Möglichen überraschen. Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Brandt