„Alle Gebrauchsmöglichkeiten des Wortes allen zugänglich machen – das erscheint mir als ein gutes Motto mit gutem demokratischen Klang. Nicht, damit alle Künstler werden, sondern damit niemand Sklave sei“ (Rodari, GdP, S. 10).“
Mit Beginn des neuen Jahres gibt es bei den „Waldworten“ ein neues Kapitel zu Gianni Rodari (1920-1980). Besonders in Italien wird in diesem Jahr in vielfältiger Weise an seinen 100. Geburtstag erinnert. In Deutschland zählt die „Grammatik der Phantasie“ wohl zu seinen bekanntesten Büchern. Das so betitelte Standardwerk über die Kunst, Geschichten zu erfinden – 1973 in Italien erschienen – begleitet mich seit fast 30 Jahren, ohne dass ich je das Gefühl bekommen habe, irgendetwas daran passe nicht mehr in diese Zeit.
„Grammatik der Phantasie“ – das mag nach einem verbindlichen „Regelwerk“ klingen und ist genau das eben nicht. Für Rodari geht es um ein sich fortwährend wandelndes Erfahrungswissen, das offen bleibt für die (damals schon) spürbaren Veränderungen der medialen Welt. Dabei steht die Achtung vor den Erfahrungen der Kinder im Mittelpunkt. Weder für die Kleinen noch für die Großen geht es um starre Regeln. Rodari wirbt in seinem Buch nicht für eine bestimmte Methode des Erzählens und Erfindens. Er gibt Erfahrungen weiter, zeigt spielerisch verschiedene Möglichkeiten auf und ermutigt dazu, es vielleicht auch ganz anders zu probieren.
Was es heißen kann, sich heute – rund 50 Jahr nach Entstehen des Buches – angesichts der medialen Vielfalt von seinen Ideen inspirieren zu lassen, ist eine Frage, die mich durch das Jahr 2020 und bei vielen Workshops begleiten wird.
Denn das Anliegen, mit der Kraft der Vorstellung und Sprache immer wieder Zugänge zur Wirklichkeit zu finden – so, wie Kinder diese für sich entdecken und deuten – bleibt im Umgang mit allen Medien aktuell. Und gerade die Fensterchen öffnen sich dabei für spannende Perspektiven.