Hooger Halligsommer: Kein Wetter für Tauben

Foto: Susanne Brandt

Unruhige Zeiten im Juni des Jahres 2018. Das alte Bild der Arche als Zufluchtsort scheint an den Küsten Europas zu zerschellen. Und die Taube, die einst von ihrem Ausflug zum rettenden Land zurückgekehrt ist mit dem Zweig im Schnabel als Zeichen des Friedens – sie müsste heute wohl lange suchen, um landen zu dürfen. Oder: Um sich willkommen zu fühlen und Menschen zu finden, die am Meer unbeirrt Ausschau halten nach Frieden und Verbundenheit.

Mit seiner Blogparade (Laufzeit: 20. Juni bis 25. Juli 2018) lädt das Deutsche Historische Museum anlässlich der Ausstellung „Europa und das Meer“ unter dem Hashtag ‪#DHMMeer dazu ein, in Blogbeiträgen persönliche Beziehungen zum Meer in ihrer ganzen Vielfalt zu beschreiben. Geographisch gesehen ist Europa ein maritimer Kontinent: Keiner der anderen Erdteile hat mehr Berührungspunkte mit dem Meer gemessen an Küstenlänge und Gesamtgröße. Wie also erleben wir diese Berührung mit dem Meer – und wie werden wir der Verantwortung gerecht, die sich daraus ergibt?

Inmitten all der bedrückenden Signale dieser Tage: Alte Zeichen, die von Menschen weltweit verstanden und als Hoffnungssymbole gelesen werden können, gewinnen neu an Bedeutung, wenn nationale Machtkämpfer sich selbst den Blick ins Weite verbauen – mit Eitelkeit und Herzensenge, Verlustängsten und Verstrickungen, die ein wirkliches Handeln und Bewegen immer mehr blockieren.

Kein Wetter für Tauben – aber das hält die Sehnenden und Segelnden zwischen Himmel, Erde und Meer nicht davon ab, den Blickwinkel  zu weiten. Aufs Meer zu schauen. Über Grenzen zu denken. Unterm Himmel einander näher zu kommen.

Kein Wetter für Tauben,
sie haben es schwer,
sich gegen die Böen ins Weite zu wagen,
die mächtige Wucht des Orkans zu ertragen,
ganz ungeschützt
nur mit Mut im Gepäck.

Und doch –
wie bei Noah
macht eine sich auf.

Zurück bleibt ein Sehnen
am weiten Meer

mit offenen Armen –
noch sind sie leer
und hoffen
beharrlich
mitten im Wind,

nicht sicher,
wann wirklich Frieden beginnt.

Susanne Brandt

Noch mehr zum Thema Meer: http://waldworte.eu/category/von-muscheln-und-meer/

“Rückkehr der Taube”, Radierung von Friedegard Metzger (geb. 1962), Zyklus Arche Noah, 1985 / Foto: Susanne Brandt

 

Susanne.brandt

Bedenkt und entdeckt das Leben in Flensburg oder unterwegs - am liebsten zu Fuß und in der Begegnung mit anderen. Lernt, schreibt, singt, erzählt, teilt und lässt sich jeden Tag vom Möglichen überraschen. Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Brandt