Er hat das Lächeln in den Steinen entdeckt. Oder er wusste davon zu erzählen, warum die Scheune – mit so manchen Spuren und Verletzungen eines langen Lebens – dennoch so freundlich in die Welt schaute. Nein: gerade deshalb! Die Philosophie seiner fantasievollen Bilderwelten und literarischen Miniaturen steckt voller Ermutigungen – ohne die mühsamen Seiten des Lebens zu beschönigen. Am 12. Oktober ist der österreichische Kinderbuchautor Erwin Moser nach langer Krankheit im Alter von 63 Jahren gestorben.
Eines seiner Bücher, das ich besonders liebe, stammt aus dem Jahr 1981: „Das Haus auf dem fliegenden Felsen“. Es enthält 40 Bilder und kleine Geschichten zum Betrachten und Weitererzählen.
Und es ist so reich an Fantasie, Philosophie und Ermutigung, dass ich es immer mal wieder zur Hand nehme. Die darin enthaltenen Geschichten sind kurz, manchmal beschreiben sie nur einen Moment, eine Beobachtung, eine Begegnung, die nachklingt. Immer ergänzen sich Bild und Text auf kunstvolle Weise, lassen Fragen offen, die im gedanklichen Wechsel zwischen Bild und Text hin und her wandern, eigene Fantasien wecken und genau damit den Impuls zum Weiterdenken und Weitererzählen geben.
Seither ertappe ich mich manchmal dabei, dass ich in der Maserung eines Steins am Wegrand ein Lächeln entdecke. Oder spüre, dass mich ein Haus mit staunenden Augen anschaut.
Er hat es verstanden, die Dinge der Welt mit Poesie und liebevoller Zuwendung zu beleben. Dabei galt seine Aufmerksamkeit besonders den kleinen unscheinbaren Zeichen am Wegrand. Vieles davon wird lebendig bleiben. Durch seine Geschichten.
Susanne Brandt