Erzählen mit Kamishibai: Was uns verbindet. Ein Erfahrungsbericht

Ein Kamishibai-Nachmittag beim Begegnungscafé in den Herbstferien: Rund 25 Kinder etwa zwischen 2 und 12 Jahren sind gekommen. Das wird spannend, denke ich. Ob es gelingt, so zu den Bildern zu erzählen, dass die Kleinsten wie die Größeren etwas finden, woran sie irgendwie anknüpfen können? Welche Bildsprache, welche Geschichten schenken dafür variable, auch spontan zu entfaltende Möglichkeiten?

Welche Gestaltungselemente kann ich aus der jeweiligen Situation heraus entwickeln und einsetzen, um eine verbale wie nonverbale Kommunikation entstehen zu lassen? Und welches Thema bewegt uns miteinander – die Kinder wie auch mich? Denn das ist vielleicht die wichtigste Voraussetzung: Es geht nicht darum „kindgerecht“ zu erzählen, sondern so authentisch, dass mir die Kinder die Geschichte abnehmen.

Mein Thema – und das der Kinder offensichtlich auch – heißt: Was uns verbindet. Die Frage stelle ich so natürlich nicht direkt. Ich erzähle einfach, wie das so ist oder sein könnte, begleitet von einer dazu ausgewählten Kamishibai-Bilderfolge. Und nach einer kleinen Pause noch zu einer zweiten. Und beim nächsten Mal vielleicht zu einer dritten…

Jede Perspektive öffnet einen Raum für andere Einblicke

So können wir gemeinsam entdecken: Es gibt nicht die eine Geschichte von Verbundenheit und Zusammenleben. Es gibt ganz viele verschiedene Perspektiven, aus denen erzählt werden kann. Und jede Perspektive öffnet einen Raum für neue, vielleicht ungewohnte Einblicke in das Handeln, Denken und Leben der Anderen.

Was mir hilft: Bildgestaltungen, so unterschiedlich wie die Geschichten selbst. Nicht alles muss allen gleich gefallen. Nicht alle werden alles in gleicher Weise deuten. Solange das möglich scheint, ist schon viel erreicht! Ob und wie es tatsächlich ist, merke ich durch eine stets den Kindern zugewandte Haltung mit Blickkontakt und durch die Reaktionen, die ich dabei wahrnehme.

Dazu kommt der Körper- und Klangeinsatz – besonders für die Jüngsten: Ich begleite mein Erzählen durch Gestenspiel, Körperpercussion, bewusst gesetzte Pausen – so, wie es mir spontan in den Sinn kommt und zu dem passt, was ich gerade an Gestimmtheit bei den Kindern zu erkennen meine.

Ein großer Schatz durch unterschiedliche Spracherfahrungen

Die Größeren steigen ein auf offen gestellte Fragen, erzählen von eigenen Erfahrungen, überlegen, wie es auch anders weitergehen könnte. Daran merke ich: Sie sind noch dabei. Die Kleinen lauern regelrecht darauf, dass ich erneut in Bewegung komme, Geräusche mache, manchmal auch Quatsch – eben das, was sie gern simultan mitmachen. Daraus erschließt sich für sie die Geschichte auch dann, wenn sie noch nicht alle Zusammenhänge allein durchs Erzählen erfassen. Sie alle bringen durch verschiedene Zuwanderungsgeschichten bereits  mehrsprachige Erfahrungen mit – ein großer Schatz, der durch die nonverbale Sprache der Bilder, Klänge und Bewegungen eine Erweiterung und Verbindung erfährt.

Was uns verbindet? Eben das: Die Lust, sich gemeinsam einzulassen auf ganz unterschiedliche Zugänge und Geschichten, hinter denen jeweils immer auch eine eigene, ganz persönliche Geschichte und Sprache mitschwingen kann.

10 Tipps für Kamishibai-Bildkartensätze, die sich im hier beschriebenen Sinne für offene Angebote mit jüngeren und älteren Kindern eignen:

 

Susanne.brandt

Bedenkt und entdeckt das Leben in Lübeck oder unterwegs - am liebsten zu Fuß und in der Begegnung mit anderen. Lernt, schreibt, singt, erzählt, teilt und lässt sich jeden Tag vom Möglichen überraschen. Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Brandt