Föhrer Inselzeit: Feines Geflecht

Es ist nicht immer der weite Blick übers Meer oder der glühend rote Sonnenuntergang, der das temporäre Inselleben so besonders macht. Zum Naturerleben gehören ebenso Besonderheiten wie das vielfältige Erscheinungsbild von Flechten an Steinen, Mauern und Bäumen – oder ein Beispiel für erstaunliches Zusammenleben wie diese Entdeckung am Wegrand: Baum, Flechten und Pilz, gewachsen wie ein kunstvoll gestaltetes Arrangement mit einer „Botschaft“.

Bei dem Verb „flechten“ denkt man an einen Zopf. Und passend dazu meint das Wort von seinem Ursprung her auch eine verschlungene Verbindung von Fäden.
Das passt ebenso zu den Flechten an Bäumen und Steinen: Denn das sind faszinierend miteinander verbundene Lebensgemeinschaft zwischen Algen und Pilzen (diese allerdings von ganz anderer Art als das große Pilz-Exemplar dort in der Baumhöhle!). Dabei versorgen die Algen die Pilze mit Nährstoffen, die sie selbst nicht herstellen können. Die Pilze wiederum geben den Algen Halt und versorgen sie mit Wasser, da sie keine Wurzeln haben. So helfen sie sich also gegenseitig.

Flechten gibt es in den unterschiedlichsten Farbtönen. Manche sind weiß, andere gelb, orange, tiefrot, rosa, blaugrün oder grau. Das hängt davon ab, welcher Pilz jeweils mit welcher Alge zusammenlebt. Es gibt weltweit ungefähr 25.000 Flechtenarten, von denen etwa 2.000 in Europa vorkommen. Sie wachsen sehr langsam und können mehrere Hundert Jahre alt werden. Auf Föhr zählen sogar sehr seltene, anderswo längst verschwundene Arten zum Bestand.

Aber auch die weit verbreiteten Arten  wie z.B. die Gewöhnliche Gelbflechte verdienen Aufmerksamkeit. Von ihrer positiven Entwicklung lässt sich ableiten, dass schädliches Schwefeldioxid in der Luft weniger geworden ist, die Belastung mit düngenden Stickstoffverbindungen aber unvermindert hoch scheint. Denn die Gewöhnliche Gelbflechte profitiert von dieser “Düngung aus der Luft”, während das wiederum weitere Folgen für die Umwelt hat. In mehrfacher Hinsicht „erzählen“ Flechten also spannende „Geschichten“ von einem erstaunlich vernetzten und verwobenen ökologischen  Zusammenwirken.

Susanne.brandt

Bedenkt und entdeckt das Leben in Lübeck oder unterwegs - am liebsten zu Fuß und in der Begegnung mit anderen. Lernt, schreibt, singt, erzählt, teilt und lässt sich jeden Tag vom Möglichen überraschen. Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Brandt