Warum auch dieses Buch für mich ein “Rucksack”-Buch ist? Weil es ein Buch ist, das man mit hinaus in die Welt nehmen möchte, das man am liebsten draußen in der Natur durchblättert, die Blicke dabei immer wieder schweifen lässt, um mit der geweckten Aufmerksamkeit die Dinge und Menschen um sich herum zu betrachten. Weil es ein Buch ist, dass zum Schauen, Lauschen und Spüren einlädt, zum Wahrnehmen, Verlieben, zur stillen Freude an der Vielfalt von ganz unterschiedlichen Begegnungen.
Denn um Begegnungen geht es bei dem, was um die “blaue Bank” herum geschieht, in vielen Variationen: zwischen Alt und Jung, zwischen Groß und Klein, zwischen Frau und Frau, zwischen Frau und Mann, zwischen Damals und Heute, zwischen Abschied und Neuanfang…
Kleine Nebenbemerkung: Nur ganz selten wird in einem Bilderbuch so selbstverständlich wie hier von der Liebe zwischen zwei Frauen als eine von vielen Möglichkeiten der Begegnung erzählt, ohne dass das als eine gewollte Botschaft irgendwie besonders betont wird. Es geschieht einfach – so natürlich, wie so vieles im Leben mit Ruhe und Aufmerksamkeit füreinander einfach geschehen kann.
In der Einführung zu diesem Bilderbuch des kleinen feinen Àbac-Verlages heißt es: “Diese Geschichte hat als grundlegendes Thema die Zeit. Nur wenn wir ab und zu innehalten und mit Ruhe nachdenken, so der Autor, können wir mit der uns verbleibenden Zeit besser umgehen. Und genau das ist es, was er mit diesem Buch erreichen möchte: dem Leser eine kleine Pause mit Zeit für Details ermöglichen. Diese verstecken sich nämlich auf jeder Seite des Buches und erzählen uns von den Dingen, die unser Leben ausmachen: den Begegnungen, Blicken, Geheimnissen, Verlusten, Küssen und einander treffenden Seelen.”
Auch von der Zerbrechlichkeit wird erzählt. Es gibt Trennungen, die sich niemand wünscht. Aber es gibt auch Neuanfänge, die niemand plant. Die Bank braucht Pflege und Zuwendung, wenn die Spuren der Zeit ihre Leuchtkraft matt werden lassen. Zum Glück ist da jemand, der ihre alte Schönheit immer wieder neu hervorzulocken weiß. Und bei den Menschen ist das nicht anders!
Ein Buch für Kinder? Aber ja, denn es erzählt von der Kunst der genauen Wahrnehmung, wie sie schon beim Beobachten eines kleinen Käfers erfahrbar wird. (Eine Schlussbemerkung im Anschluss an die Geschichte verdeutlicht diese Verbindung zur Naturbeobachtung mit Kindern nochmal extra für die Praxis).
Ein Buch für Erwachsene? Aber ja, denn für die hier poetisch und künstlerisch so fein aufgenommenen Lebensthemen wird jeder in jedem Alter eine ganz eigene Lesart finden.
Ein Buch von Albert Asensio, einem jungen spanischen Illustrator, den man sich merken sollte!
Susanne Brandt