In der polnischen Flusslandschaft: Feiner Dunst liegt im Tal

Landscape Writing und Akrosticha zu Reiseimpressionen in Polen, Teil 2:

Flüsse sind anders: stärker von Kultur-, Siedlungs- , Handels- und Herrschaftsgeschichten der Menschen geprägt. Doch manchmal mischt sich auch das Meer an der Mündung mit ein, so dass ein lebendiger Austausch entsteht. Die Weichsel ist dafür ein gutes Beispiel.

Von Flusslandschaften schreiben, heißt also: andere Geschichten erzählen und andere Eindrücke sammeln, bei denen besonders die langen und wechselvollen Uferzonen und Verläufe von Stadt zu Stadt, durch Berg und Tal, Wälder und Felder eine wichtige Rolle spielen für die ökologischen Zusammenhänge – und für die Reisewege von Menschen und Tieren.

Der hier am Ende vorgestellte zweite Teil vom Zyklus mit Akrosticha zu einer Polenreise im Herbst 2025 nimmt also andere Dinge in den Blick: zunächst die herbstliche Natur am Ufer der Walsch in Ermland-Masuren, dann innere wie äußere Bilder, inspiriert durch eine alte Legende, bei der eine Flussfahrt auf der Weichsel eine besondere Rolle spielt und schließlich die Flussufer als Rastorte der Zugvögel im Herbst – an Weichsel und Warthe und weiter auf ihrem Weg zur Oder…

Ein interessanter Hintergrundtext dazu ist die Nacherzählung der erwähnten Legende hier:

Legende des Marienbildes

Fundstückgeheimnisse – mit denen das eine Akrostichon dazu etwas unvermittelt beginnt – beziehen sich aber nicht allein auf diese eine  Flussgeschichte. Sie lassen sich im übertragenen Sinne immer wieder anders an Flüssen entdecken. Berührend und erstaunlich…

Zu Flüssen als Lebensadern für Zugvögel wiederum gibt folgender Beitrag  eine hilfreiche Einstimmung:

https://www.wildes-bayern.de/was-macht-einen-fluss-zur-lebensader-fuer-zugvoegel/

Der Begriff „Flusslandschaft“ – vom nördlichen Weichseltal bis hin zum Lauf der Warthe Richtung Westen – schreibt sich also bei den hierzu entstandenen Akrosticha abermals buchstäblich in die Texte ein und zeigt bei gleichen Zeilenanfängen ganz unterschiedliche Facetten, rhythmisiert durch einzelne Endreime, um in die Texte bewusst hörbare Beziehungsmomente einzuweben: nicht starr und regelmäßig konstruiert, sondern eher frei fließend – weil eben auch die Flüsse und Meere in sich von einem dichten Beziehungsnetz durchwirkt sind.

 

Im Tal der Walsch (Ermland-Masuren)

Feiner Dunst liegt im Tal auf dem Fluss
Lichtspiel der Tröpfchen
unter den Füßen das rutschige Moos
Spinnen turnen auf
Spindelstrauch-Zweigen
Laubblätter fallen und schwimmen los
Augenblick in der Schwebe
nur ein paar Meter
dann wartet am Ufer
schützendes Wurzelgewebe
Ankerplatz zum Verweilen
fließend beschreibt der Flusslauf im Wald
Träume auf kurvigen Zeilen

 

Weichselfahrt-Legende

Fundstückgeheimnisse
lassen schon ahnen das
Unfassbare
seltsam lebendig im
Strom der Zeit
lange suchend wandern die
Augen vom Wasser zum Ufer
nahe und weit
dann dieses Staunen
Schönes entfaltet sich
anders als jemals gedacht
fließt und berührt auch das Schwere in
tiefer Nacht

 

An den Ufern

Früh weicht am Abend das Licht
Lauschende hören vom
Ufergrün manchmal die Gänsescharen
sehen den Flug vor der
sinkenden Sonne als
langes Band
aufgereiht
noch verbunden im Blick auf das Land
da liegt das Feld für die Rast
schon in der Früh wird es Zeit für den
Aufbruch zu neuen Ufern
freie Gefährten mit Weite im Sinn
Tausensende bei uns zu Gast

Alle Texte und Fotos: Susanne Brandt

Texte als Datei: Akrosticha „Flusslandschaft“ in Polen

Siehe auch Teil 1 der Reise am Baltischen Meer:

Am Baltischen Meer: Welliger Anstieg im Dünenlicht

Susanne.brandt

Bedenkt und entdeckt das Leben in Lübeck oder unterwegs - am liebsten zu Fuß und in der Begegnung mit anderen. Lernt, schreibt, singt, erzählt, teilt und lässt sich jeden Tag vom Möglichen überraschen. Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Brandt