Waldgeschichten im Advent: Honigkuchen für den Bären

Auf meiner kleinen Herbstwald-Route
sah ich heut diese Bären-Schnute.
Der Braunbär zwinkerte mir zu –
und nu?
Ich soll ihn bald nochmal besuchen –
am liebsten dann mit Honigkuchen!

 

So ist das mit wild wachsende Waldgeschichten, mit „Wildwuchsgeschichten“ im Wald: Sie begegnen einem überraschend – überall dort, wo man sich einfach umschaut, den genauen Blick übt, wo sich die Bilder im Kopf mit den Farben und Formen verbinden, die sich überall in der Natur entdecken lassen.

Fantasie und Naturwissen – wie passt das zusammen? Geht es dort, wo Bären-Schnuten und Dinosaurier-Köpfe an alten Baumstümpfen die spontane Lust am Fantasieren wecken, um pure Fabulierlust und Tagträumereien, ohne dass sich von solchen Geschichten ein Bezug zu ökologischen Zusammenhängen herstellen und ein Interesse an „echtem“ Naturwissen bei Kindern wecken ließe?

Um darauf eine Antwort zu finden, ist es hilfreich, zunächst nach der Haltung, nach der Qualität der Beziehung zu fragen, die Menschen – große wie kleine – zur Natur entwickeln, ausdrücken, mit Empfindungen, Entdeckungen und Einsichten verbinden.

Mit der Wahrnehmung fängt es an

Denn genaues Wahrnehmen, eine achtsame Haltung und eine emotionale Beziehung zur Natur – das sind die gemeinsamen Voraussetzungen für beides: für das Sammeln und Verfeinern von Naturwissen mit Kopf, Herz und Hand ebenso wie für das fantasievolle Fabulieren zu dem, was sich da alles entdecken lässt. Und weil das so ist, kann sich beides ergänzen und trägt wechselseitig zur Inspiration bei – wobei gerade Kinder ein gutes Gespür dafür haben, Fantasie und Sachwissen gleichermaßen spannend zu finden und dennoch auseinander zu halten. Da können wir Erwachsenen, die wir eher dazu neigen, die Dinge gleich nach Kategorien zu trennen, getrost auf diese besondere Gabe der Kinder  vertrauen. Und auf ihre ganz besondere Wahrnehmungsfähigkeit!

Die Wahrnehmung ist der Einstieg: Wir entdecken etwas Überraschendes, etwas Erstaunliches oder Ungewöhnliches. Das regt die Vorstellungskraft wie die Neugier für das an, was dahinter steckt. Lass dir Zeit dabei – gern auch für eine kleine „Fantasiereise am Wegrand.“ Ein bisschen Rumspinnen und fantastisches Ausmalen von Szenerien und „Was-wäre-wenn…“-Gedanken, die von Entdeckungen in der Natur ausgelöst werden, beleben die Beziehung zur Umwelt, schärfen den Blick, halten Spannung und Interesse wach – und vertiefen die Aufmerksamkeit für das, was man sonst noch rund um den Fundort herum entdecken und erzählen kann.

Fabulieren und Forschen – beides weckt die Lust am Entdecken 

Denn die lustige „Bären-Schnute, die gern Honigkuchen mag“ gehört zugleich zu einem faszinierenden Lebensraum: einem alten Baumstumpf. Oft ergeben sich die Übergänge vom freien Fabulieren zum Nachforschen im Blick auf naturkundliche Zusammenhänge ganz spielerisch und beweglich, anknüpfend an die Fragen und Vermutungen, die Kinder schon von sich aus äußern, wenn sie etwas Interessantes entdeckt haben.

So ein Stück Totholz im natürlichen Zersetzungsprozess bringt ja nicht nur bizarre, fantasieanregende Formen hervor, sondern erweist sich beim genaueren Hinsehen auch als ein wertvoller Lebensraum für Tiere und Pilze. Ist das Interesse daran erstmal geweckt, lässt sich hier noch viel mehr entdecken und nach und nach erklären. Und um Nahrung geht es dabei auch…

Aber was ist nun mit dem Bären, der auf seinen Honigkuchen wartet? Und wie kann es weitergehen, wenn nach einem solchen Winterspaziergang irgendwann wieder die warme Stube lockt und das Tageslicht schwindet?

Das ist Thema im Teil 2 der „Waldgeschichten im Advent“

 

Links und Tipps zum Weiterlesen:

Grundschul-Wissen zum Thema  06-Totholz:

https://www.bildung-mv.de/export/sites/bildungsserver/downloads/unterricht/waldpaedagogische_bildungsbausteine/06-Totholz.pdf

https://www.zeit.de/2020/48/abgestorbene-baeume-wald-lebensraum-oekosystem-totholz

Mehr zum Thema „Wildwuchsgeschichten“ mit überraschenden Entdeckungen im Freien:

http://www.bz-sh-medienvermittlung.de/thema/wildwuchsgeschichten/

Ideen und Materialien zu Naturerlebnissen für Kinder: https://www.schlaubatz.de/

 

 

Susanne Brandt

Susanne.brandt

Bedenkt und entdeckt das Leben in Lübeck oder unterwegs - am liebsten zu Fuß und in der Begegnung mit anderen. Lernt, schreibt, singt, erzählt, teilt und lässt sich jeden Tag vom Möglichen überraschen. Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Brandt