„Der Tag wird kommen…“ – Gedichte von Frauen aus Afghanistan bei „Free women writers“

Bei meinen Begegnung mit Geflüchteten aus Afghanistan ist die Situation von afghanischen Frauen immer mal wieder ein Thema. Wir tauschen dazu Erfahrungen, Hoffnungen und Gedanken aus – und wir erzählen einander von Nachrichten und Entwicklungen, die uns hier in Deutschland über die Medien oder über Erzählungen aus den Familien erreichen.

c free women writer / Cover: we are not alone

Seit einiger Zeit liefert ab und zu auch der Online-Blog von „Free women writers“ mit seinen interessanten Berichten, aber auch Gedichten und literarischen Geschichten in Englisch und Persisch interessante Impulse für unsere Gespräche. „Free women writers” – unter diesem Titel haben sich schreibende Frauen in und aus Afghanistan (die heute z.T. in den USA leben) zusammengefunden, um durch ihr Schreiben auf die Rechte der Frauen in Afghanistan und anderswo aufmerksam zu machen.

In ihren Gedichten und Geschichten thematisieren sie Gewalterfahrungen, den Schmerz unerfüllter Liebe und immer wieder den Hunger nach Bildung und Selbstbestimmung. Mit der Seite, zu der es im Netz eine persische und eine englische Version gibt, verbinden sie das Anliegen, als mutige Stimme überall auf der Welt gelesen und gehört zu werden.

Es gehört deshalb zu ihrem ausdrücklichen Wunsch, dass die dort veröffentlichen Texte mit entsprechenden Angaben zur Quelle und zum Namen der Verfasserinnen im Netz geteilt und weiter veröffentlicht werden, gern auch in anderen Sprachen. Eine der Frauen, die mit ihren Gedichten zu den „Free women writers“ gehören, ist Hosnia Mohseni. Von ihr stammt folgendes Gedicht, das wir hier als deutsche Nachdichtung vorstellen:

Der Tag wird kommen

Schwester,
der Tag wird kommen, da werden wir fliegen – du und ich,
über die stolzen Berge unseres Landes.

Ein Tag wird kommen, da werden die Türen nicht mehr verschlossen sein.
Und sich verlieben – das ist dann kein Verbrechen mehr.

Du und ich, wir werden unsere Haare fliegen lassen,
rote Kleider werden wir tragen
und die Vögel unserer weiten Wüsten
werden berauscht sein
von unserem Lachen.

Tanzen werden wir zwischen den roten Tulpen von Mazar
in Erinnerung an Rabia*.

Der Tag ist nicht mehr weit.
Vielleicht ist er nur eben um die Ecke.
Vielleicht wohnt er in unserer Poesie.

Hosnia Mohseni

Deutsche Nachdichtung: Susanne Brandt

*Rabia: persische Mystikerin und Dichterin von Liebeslyrik des 10. Jahrhunderts.

Quelle der englischen und der persischen Fassung: https://www.freewomenwriters.org/two-poems-afghan-women-give-hope/

Wer die Frauen und ihr Engagement noch in einer anderen Weise unterstützen möchte, kann das durch den Kauf und die Verbreitung ihrer neu erschienen Anthologie „You are not alone“ tun. In dem Buch setzen sich afghanische Frauen literarisch mit ihren Rechten wie auch mit Gewalterfahrungen auseinander. Mehr dazu: https://www.freewomenwriters.org/not-alone-booklet-afghan-women-facing-violence/

Susanne Brandt

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Susanne.brandt

Bedenkt und entdeckt das Leben in Flensburg oder unterwegs - am liebsten zu Fuß und in der Begegnung mit anderen. Lernt, schreibt, singt, erzählt, teilt und lässt sich jeden Tag vom Möglichen überraschen. Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Brandt