Die Großen und Kleinen vom Kindergarten der Hallig Hooge sind zu Gast im Pfarrgarten. Wir treffen uns unter dem Apfelbaum. Dort ist es schattig. Wie in allen Kindergärten heißt es auch hier: Wer nach den Ferien zur Schule kommt, nimmt jetzt Abschied von der vertrauten Gruppe. Etwas Neues beginnt. Die Vorfreude ist groß. Aber mit einem Wechsel sind auch Fragen verbunden: Was erwartet mich dort? Und was wird mit allem, was mir wichtig geworden ist: die Freunde und die Lieder? Werde ich soetwas anderswo wiederfinden?
Unter dem Apfelbaum auf Hallig Hooge wird heute genau zu diesem Thema für die Hooger Kindergartenkinder eine Geschichte erzählt – mit Kamishibai, kombiniert mit Erzählschiene und Figuren. Und auch mit ein bisschen Musik dazu. „In jedem Wald ist eine Maus, die Geige spielt“, heißt die Geschichte. Die Autorin Gina Ruck-Pauquet hat sie vor rund 50 Jahren geschrieben. Aber immer, wenn ich die Geschichte erzähle, kommt mir die Geschichte erstaunlich aktuell vor.
Es geht um einen kleinen Bären, der im kleinen Wald mit den Tieren ein gutes Leben hat. Er mag seine kleinen Freunde. Und er mag es, wenn die Maus auf ihrer kleinen Geige spielt. Dann tanzt er dazu. Doch der Bär wächst. Mit der Zeit wird er immer größer. Irgendwann ist er so groß, dass er nicht mehr gut hineinpasst in den kleinen Wald. Er muss aufbrechen, um den großen Wald zu suchen. Der Weg dorthin ist weit. Unterwegs muss er durch Städte und über Straßen wandern. Immer wieder trifft er Menschen, die er nach dem Weg fragen kann. Der groß gewordene Bär lernt dabei auch, wie unterschiedlich die Menschen leben. Am Ende erreicht er tatsächlich den großen Wald. Ob auch dort eine Maus wohnt, die Geige spielt? Er sucht und er lauscht. Die Geschichte endet mit Musik…
Es gibt zu der Geschichte keinen Kamishibai-Bildkartensatz. Ich kenne die Geschichte nur aus älteren Lesebüchern, nicht als Bilderbuch. Aber trotzdem lässt sie sich mit einer Kombination aus Kamishibai und Erzählschiene lebendig erzählen. Dazu wird der heranwachsende Bär in verschiedenen Größen aus Papier gebastelt – so kann er vor den Augen der Kinder wirklich größer werden! Seine Bühne ist die Erzählschiene. Weitere Tiere können hinzu kommen. Ebenso Menschenfiguren, die sich auf der Schiene bewegen. Als Hintergrundbilder sind mal ein Wald und mal eine Stadt zu sehen, vielleicht auch Straßen, Abendstimmung, die Nacht..Wer mag, kann sich dafür drei, fünf oder sieben Hintergrundbilder malen, vor denen dann die Handlung spielt. Wer eine große Auswahl an fertigen Bildkartensätzen besitzt, findet vielleicht auch unter fertigen Bildkarten die dafür passenden Motive. Auch ein Erzählen der Geschichte allein mit Figuren auf der Erzählschiene ist gut vorstellbar: Dabei bilden dann einzelne Bäume den Wald und Häuser die Stadt.
Wie auch immer – am Ende erleben die Kinder die poetische Geschichte als kleines Figurentheater auf der Erzählschiene vor wechselnden Kulissen. Wenn der Bär singt, dann wird gesungen und wenn der Bär tanzt, dann hört man dazu natürlich die Musik der kleinen Maus…
P.S. Die Autorin möge es mir verzeihen, dass die Maus in meiner frei nacherzählten Fassung für die Kinder auf Hooge unterm Apfelbaum nicht Geige, sondern Flöte spielt – beim Erzählen natürlich mit einer echten Flöte begleitet. Wer sagt denn, dass der große Wald nicht auch Platz hat für flötespielende Mäuse?
Die veränderte Fassung der Geschichte für Kamishibai als Erzählvorschlag:
Wer weiß den Weg zum großen Wald
Susanne Brandt
Film zur Erzählschiene: https://m.youtube.com/watch?v=oLG4AqLA69E
IBeitrag zur Geschichte: http://waldworte.eu/2011/09/18/waldworte-des-tages-in-jedem-wald-ist-eine-maus-die-geige-spielt/