Vor etwa 10 Jahren war ich – passenderweise bei einem Aufenthalt in Italien – damit beschäftigt, einem Bilderbuch- und Kamishibai-Text zur Legende von „Franziskus und die erste Weihnachtskrippe“ (Don Bosco, 2015) den letzten Schliff zu geben. Die zum Winter geplante Nacherzählung für Kinder sollte dazu eine buchstäblich elementare Gestalt erhalten – nicht nur, was die Sprache betrifft. Mir war es mit allem, was ich damals von der franziskanischen Schöpfungsspiritualität begriffen und bei Spaziergängen „erwandert“ hatte, wichtig, von der Beziehung zum Elementaren in der Welt zu erzählen, von Wasser und Erde, von Pflanzen und Tieren, von Klang und Stille, von Bewegung und Ruhe, vom Rhythmus in allem…
Ebenfalls zum Thema: https://waldworte.eu/2015/12/20/sonntagsmomente-wenn-sinne-nicht-verschlossen-sind/
Franziskanische Legende vom Hineingeborensein in die Schöpfung
Denn die weihnachtliche Geburtsgeschichte ist für mich eine durch und durch elementare Geschichte von der Geschwisterlichkeit und Verbundenheit mit allen Elementen und Lebewesen um das Neugeborene herum. In der Legende des Franziskus wird dieses Hineingeborensein in die Schöpfung, aus der das Lebendige mit allen Elementen nicht mehr herausfallen wird, weil es Anteil nimmt am Rhythmus vom Kommen und Gehen, besonders deutlich. Der alten Geschichte mit ihren Bildern neu näher kommen – das heißt auch: die Geburt nicht als ein nur anthropozentrisch zu deutendes Beziehungsgeschehen zu betrachten. Das heißt, die Verletzlichkeit und Gefährdung des Lebendigen in der gesamten Schöpfung mitzusehen – wie auch das Wunder der Liebe und Friedensvision: „Denn das habt zum Zeichen…“
Nach Weihnachten: mit einer Vision auf das neue Jahr zugehen
Die Weihnachtstage wie auch die Tage „zwischen den Jahren“ sind für viele Menschen – so auch für mich – eine Zeit für Rückblick und Aussicht auf das, was werden kann.
Ich denke dabei nicht so sehr an genau zu bestimmende Ziele für die sogenannten „guten Vorsätze“. Das Offene und Unverfügbare bleibt und will mitgedacht werden bei der Frage, mit welcher Sehnsucht und Vision ich mich im kommenden Jahr gemeinsam mit anderen besonders beschäftigen und weiterentwickeln möchte.
Nicht zuletzt inspiriert durch die schöpfungstheologischen Gedanken zur Weihnachtsgeschichte habe ich in diesem Jahr den Ausblick auf 2024 mit der Unterzeichnung der Erd-Charta begonnen – und mit der Idee, im Herbst an einer Weiterbildung zur Erd-Charta-Botschafterin teilzunehmen. Das also könnten die Eckpunkte für den Weg durch das neue Jahr sein. Mal sehen…
Die Erd-Charta als Jahresthema 2024
Die Erd-Charta ist ein zivilgesellschaftliches Dokument und somit eine internationale Grasswurzelbewegung (bottom-up Ansatz). Ihre Grundsätze sind hergeleitet aus dem Völkerrecht, aus Wissenschaft, Philosophie, Religion, UN-Gipfeltreffen und einem weltweiten Dialogprozess über globale Ethik. Sie ist nach mehrjährigen weltweiten Konsultationen im Jahr 2000 verabschiedet worden. An ihrer Entstehung waren Hunderte von Organisationen und Tausende von Einzelpersonen über kulturelle, religiöse, ethnische und geographische Grenzen hinweg beteiligt. Bei der UNESCO-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ galt sie als strukturbildender Orientierungsrahmen. Insofern ist der Prozess keineswegs Neuland für mich.
Alle weiteren Infos gibt es hier: www.erdcharta.de
In vielen Punkten gleichen ihre vier Säulen mit jeweils vier Unterpunkten der Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen. Dabei ist die Erd-Charta als Vision jedoch grundlegender und ermutigender ausformuliert, bezieht in stärkerem Maße soziale, ethische, philosophische und spirituelle Aspekte bewusst und deutlicher mit ein. Darin sehe ich eine spannende Ergänzung zum Agenda 2030-Pr0zess, in dem mir der Diskurs zu sozialen, ethischen, philosophischen und spirituellen Fragen manchmal etwas zu kurz kommt.
Earth Stories in der Bildung für nachhaltige Entwicklung
Die Erd-Charta-Bewegung lebt von öffentlicher Beteiligung und ehrenamtlichem Engagement. Seit 2010 wurden in Deutschland über 150 Erd-Charta-Botschafter*innen ausgebildet – auch für den Einsatz von kulturpädagogischen Methoden.
Für mich und mein (frei)berufliches Mitgestalten ist gerade dieser Ansatz interessant: Im Rahmen der vielfältigen Möglichkeiten, sich mit Kultur- und Bildungsangeboten im Sinne der Erd-Charta für BNE zu engagieren, spielen hier auch Geschichten, kreatives Schreiben und andere künstlerische Ausdrucks- bzw. Austauschformen eine wichtige Rolle – z.B. mit einer internationalen Sammlung von „Earth-Stories“.
Übrigens: in Tarp bei Flensburg wird die Geschichte von der Weihnachtskrippe in der Natur nach der Legende von Franziskus aktuelle auf dem Erzählweg gezeigt: