Getreidekörner durch die Finger rieseln lassen, den Duft des frischen Brotes riechen, alte Fotos aus dem bäuerlichen Alltag anschauen und vertraute Volkslieder hören und singen – es sind vor allem die Sinne, über die sich alte Menschen mit Demenz ansprechen lassen, auch dann noch, wenn verbale Kommunikation kaum mehr gelingt. „Picknick im Labyrinth“heißt deshalb ein Projekt der Büchereizentrale Schleswig-Holstein, das Ende Februar in Norderstedt an den Start gegangen ist. Es bietet – wie sollte es für Büchereien anders sein – zunächst mal Medien in sogenannten „Demenz-Boxen“zum Verleih an: Bücher, Tonträger, CD’s, Spiele und große Bildkarten, die mit dem Kamishibai-Erzähltheater zum Betrachten im kleinen Kreis einladen.
Medien ermuntern zum Ausprobieren
Das Eigentliche aber geschieht durch das, was die Medien anregen und zum Ausprobieren vorschlagen. Praxisbücher inspirieren und ermutigen dazu, verschiedene „Spielarten“ in der Begleitung von Menschen mit Demenz zu entdecken. Ein Kochbuch erinnert an alte Rezepte, die sich gemeinsam zubereiten lassen. Lieder in Text und Ton erleichtern das gemeinsame Singen und was die großen historischen Fotos im Kamishibai-Erzähltheater an Alltagserinnerungen wecken, lässt sich mit passenden Materialien zum Tasten und Riechen gut kombinieren.
Das alles macht Menschen mit Demenz nicht weniger vergesslich oder desorientiert. Aber wer für eine Weile im Vertrauten Ruhe und Zuwendung erfährt und wohltuende Sinneserfahrungen genießt, kann in der Verwirrung Momente der Geborgenheit erleben – wie bei einem „Picknick im Labyrinth“ eben.
„Picknick im Labyrinth“ – mit Liedern von Heike Kellermann
Die Musikerin und Dipl.-Musikpsychotherapeutin Heike Kellermann hat das bei der Auftaktveranstaltung zum Medienangebot der Büchereizentrale mit ihren Liedern, Erläuterungen und ganz besonders mit ihrer warmherzigen und erfrischenden Ausstrahlungskraft spürbar werden lassen – durch Musik, aber auch durch allerlei Hinweise auf Natur- und Materialerfahrungen, die sich mit alten Liedern verbinden lassen. Denn das ist ebenso wichtig: Wer Menschen mit Demenz im beruflichen oder privaten Kontext begleitet, wer Wege öffnen oder erleichtern möchte für gute Betreuungsangebote, entwickelt die dafür nötige Phantasie und Sensibilität nicht nur im Kopf, sondern auch durch das eigene sinnliche Erleben und Erinnern – und das ein Leben lang!
Weitere Infos zum Projekt: www.bz-sh.de
Susanne Brandt