Quelle: http://www.swp.de/1703204 / DOROTHEE WERNER, 02.11.2012
Kamishibai als Markenzeichen
Reutlingen:Kathrin Schärer, Illustratorin und Kinderbuchautorin, stellte dieser Tage den Erst- und Zweitklässlern der Jos-Weiß-Schule und der Roßbergschule Gönningen ihre Bilderbücher in der Stadtbibliothek vor.
Bilderbücher als Kamishibai-Theater: Dazu müssen die Seiten auf Karton aufgezogen werden. Foto: Dorothee Werner
„Noch eins, noch eins“, die Kinder können einfach nicht genug von den Bildergeschichten von Kathrin Schärer bekommen. Sie liest nicht nur einfach vor, sondern schiebt die Bilder in das mitgebrachte Kamishibai. Kamishibai ist ein japanisches Papiertheater. In Japan ist diese Form des öffentlichen Theaters bereits Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden. In Deutschland findet es erst langsam Verbreitung, während es in der Schweiz in vielen Bibliotheken bereits in Gebrauch ist. Kathrin Schärer weiß, wovon sie spricht. Die Schweizerin wohnt in Basel.
Es werden nur die Bilder gezeigt, während Kathrin Schärer die Geschichte dazu erzählt. Die Kinder konzentrieren sich vollkommen auf die gezeigten Bilder im Kamishibai. Im ersten Buch „Pippilothek???“ erklärt die Maus dem Fuchs, wie eine Bibliothek funktioniert.
Im zweiten Buch „Mutig, mutig!“ fiebern sie mit. Wer von den vier Freunden Frosch, Schnecke, Maus und Spatz erfindet die verrückteste Mutprobe. Ganz besonders mutig ist der Spatz, der einfach sagt: „Ich mache nicht mit.“ Zuerst gibt es lange Gesichter bei den Tierfreunden. Aber dann erkennen sie, dass das richtiger Mut ist, und sie bejubeln ihn. Gemeinsam mit der Autorin überlegen die Kinder, welche Mutproben andere Tiere noch machen können. Gar nicht so einfach. Schärer gibt auch Workshops nach den Lesungen und hat Vorschläge von anderen Kindern mitgebracht. So fährt eine Schnecke Fahrrad, oder ein Elefant muss über einen Balken balancieren.
Auch nach zwei Büchern haben die Kinder nicht genug. So schiebt sie die Bilder von „Die Stadtmaus und die Landmaus“ in das Kamishibai. Zuerst besucht die Stadtmaus die Landmaus und dann umgekehrt. Jede findet das Leben der andere spannend und fasziniert. Aber keine möchte mit der anderen tauschen. Am Ende trennen sie sich, wollen sich aber weiterhin gegenseitig besuchen.
Auch nach diesem Buch drängen die Kinder nach einer weiteren Geschichte. Kathrin Schärer hat noch die Geschichte „Wenn Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagen“ dabei. Immer wieder will der Fuchs das kleine Häschen fressen. Doch dieses redet mit ihm und lenkt ihn immer wieder ab. Mal ist es ein Gute-Nacht-Lied, dann eine Gute-Nacht-Geschichte. Am Ende bringt der Fuchs das Häschen nach Hause und schläft anschließend im Hasenbau ein. Als Mama und Papa Hase nach Hause kommen, ziehen sie den Fuchs nach draußen und verrammeln die Tür.
Die Kinder der Gönninger Roßbergschule haben viele Fragen vorbereitet, die von der Autorin alle geduldig beantwortet werden. So möchten sie wissen, wie lange sie an einem Bild arbeitet. Wenn sie schnell ist, drei bis vier Tage. Manchmal sind es sogar Wochen, während sie den Text meistens an einem Tag fertig hat. Zuerst schreibt sie ihn handschriftlich auf, und dann kommt er in den Computer. Die Kinder interessiert die Entstehung eines Buches. Schärer erklärt es genau. Zuerst malt sie die Bilder, dann erfindet sie die Geschichte dazu. Die Bilder werden dann vom Verlag eingescannt und der Text eingesetzt. Schließlich wird alles gedruckt, die Seiten geschnitten, geklebt und gebunden. Am Ende kommt der Karton mit dem Titelbild vorne darauf. Ein Bilderbuch von Schärer hat 15 Bilder, einschließlich der Klappeninnenseite.
Schärer ist Zeichen- und Werklehrerin und unterrichtet an einem Vormittag in der Woche. Zum Bilderbuch malen kam sie durch ihre kleine Nichte. Sie wollte ein Osterbuch für sie kaufen und fand nicht das richtige. Da hat sie eben selbst ein Buch gemalt. Das hat ihr so viel Freude gemacht, dass sie diese Arbeit nun hauptberuflich macht.
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