Vom Werden auf Erden – Orgelmusik und Texte im Friesendom

Eli, Eli – es möge endlos sein:
der Sand und das Meer,
das Rauschen des Wassers,
ein Funke des Himmels,
verströmendes Licht.
Lass endlos sein
das Beten der Menschen,
die Stimmen,
die Stille,
ein Klingen vor dir.

Text (im Original Hebräisch): Hannah Szenes (1921-1944)
Deutsche Nachdichtung: Susanne Brandt
Melodie: David Zehavi  / (aus: Kirchentagsliederheft FreiTöne, 2017)

Abend ward und Morgen ward

Tagesausklang, 02. November 2019

Der November auf Föhr beginnt regnerisch und nebelgrau. Aber zur Dämmerstunde leuchtet im Friesendom ein warmes Kerzenlicht. In der Reihe der Orgelkonzerte mit der Konzertorganistin Birgit Wildeman ist für diesen herbstlichen Spätnachmittag ein Programm aus Lesungen und Musik zusammengestellt worden: Arvo Pärt trifft Lyrik. Rameaus Vogelgesang findet Widerhall in einem Friedensmärchen. Musik des 20. Jahrhunderts verbindet sich mit Texten zu alten Quellen der Menschheit.

Dazwischen wird in Erinnerung gerufen und bedacht, was der große Gesang des Priesters und Poeten vom Werden auf Erden besingt: wie alles im Leben zueinander in Beziehung kommt – nicht auf das Herrschen der Menschen hin ausgerichtet, sondern in der Begegnung mit einem liebenden und geliebten Gegenüber. Und in diesem Wesen liegt Antwort und Ver-antwort-ung zugleich.

Die poetisch-musikalisch interpretierte Geschichte vom Werden, die hier durch die Orgelwerke aus verschiedenen Epochen im Dialog mit Märchenmotiven, Gedichten und Liedtexten facettenreich zum Klingen kommt, führt am Ende zu einem gemeinsam gesungenen Lied: Eli, Eli, es möge endlos sein…

In diesem Zusammenhang nicht zu vergessen: Auch die Erd-Charta verweist auf die inspirierende und beschreibende Kraft von Musik und Poesie vom Werden auf Erden, wenn sie z.B. unter IV/14 Kunst und Kultur als wichtige Aspekte von Bildung hervorhebt und in der Version für Jugendliche beschreibt: “Wir brauchen Fantasie, um einen Lebensstil zu entwickeln, der umweltfreundlich und friedlich ist. Die kulturelle Vielfalt auf der Erde ist ein Schatz, in jeder Kultur gibt es alte Träume und neue Ideen, die uns weiterbringen.” 

Sand und Meer, Wasser und Himmel, Licht und Dunkel, Sonne und Mond, Vögel und Gräser – das Lied des Priesters und Poeten vom Werden auf Erden geht weiter, auch wenn die Konzertlesung nach einer guten Stunde ihren Abschluss findet: Nicht weit vom Friesendom entfernt liegen das Dorf, die Marsch, der Strand. Schon zeigt sich der Mond als schmaler Bogen am Abendhimmel. Die Sonne wird wiederkommen zu ihrer Zeit.

Susanne Brandt

 

Quellen für die zur Musik gelesenen Texte:

Klaus-Uwe Nommensen / Werner Kothe: So wird es sein. Glasbilder und Poesie zu den  sieben Tagen der Schöpfung. 2007

Susanne Brandt / Elke Riedel: Was macht das Licht den ganzen Tag? Die Entdeckung der Welt in sieben Fragen. 2010

Susanne.brandt

Bedenkt und entdeckt das Leben in Flensburg oder unterwegs - am liebsten zu Fuß und in der Begegnung mit anderen. Lernt, schreibt, singt, erzählt, teilt und lässt sich jeden Tag vom Möglichen überraschen. Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Brandt